OLG Sachsen-Anhalt (Naumburg), Urteil vom 11.10.2010, Az.: 10 U 25/09
Mit den warmen Temperaturen beginnt die Saison der Garten- und Grillparties. Aus meiner Erfahrung als „Hundebissanwältin“ weiß ich, dass es gerade bei diesen Veranstaltungen häufig zu Hundebissvorfällen kommt. Vielfach laufen die Vierbeiner frei zwischen den Gästen umher und dann sind auch noch Leckereien im Spiel.
Das OLG Sachsen-Anhalt hat zu der Haftungsfrage in diesen Fällen ein viel beachtetes und nach wie vor aktuelles Leitsatzurteil gefällt:
Ein Tierhalter, der auf einer Gartenparty seinen Hund frei herumlaufen lässt, muss davon ausgehen, dass dieser von den Gästen als gänzlich ungefährlich angesehen wird und sich gegebenenfalls auch im Umgang mit Hunden nicht erfahrene Gäste dem Tier annähern. Eine schuldlose Mitverursachung durch den Geschädigten wird im Rahmen der Gefährdungshaftung nicht berücksichtigt. Für ein Mitverschulden muss der Geschädigte gegen Gebote des eigenen Interesses vorwerfbar verstoßen haben (hier verneint).
Bei einem Hund ergibt sich nicht von vornherein die Nutztiereigenschaft, auch nicht wenn er als Wachhund ausgebildet und angeschafft worden ist. Vielmehr kommt es darauf an, welchem Zweck er objektiv dienstbar gemacht worden ist.
Die Klägerin hatte den Hund des Beklagten an der Geburtstagstafel ihrer Freundin ausgiebig gestreichelt und liebkost, nachdem dieser ihr die Vorderpfoten auf den Schoß gelegt hatte. Plötzlich und völlig unvermittelt biss ihr das Tier sodann ins Gesicht. Die schweren Verletzungen sind nur unter einer erheblichen und entstellenden Narbenbildung verheilt. Das Gericht sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 EUR sowie den sogenannten immateriellen Vorbehalt für etwaige zukünftige Folgeschäden zu.